Zum Inhalt springen

Direktoriumshistorie der Hauptabteilung Werkstofftechnik

Der Grundstein für die heutige Hauptabteilung Werkstofftechnik wurde im Jahre 1954 gelegt.

Professor Dr.-Ing. habil. Otto Schaaber (1954-1981)

Am 01. August 1954 wurde Professor Dr.-Ing. habil. Otto Schaaber zum neuen Institutsleiter des damaligen „Institut für Härtereitechnik und Wärmebehandlung (IHT)“ berufen und hat während seiner mehr als 27-jährigen Leitung in maßgeblicher Weise dazu beigetragen, das wissenschaftliche Ansehen und den internationalen Rang des Instituts aufzubauen.

Nach seinem Physik-Studium in Stuttgart promovierte Prof. Schaaber 1969 über die „röntgenographischen Spannmessungen an Leichtmetallen“. Am IHT ist neben grundlegenden Untersuchungen über die verschiedensten Fragen der Wärmebehandlung von Metallen ganz besonders die Entwicklung neuer Methoden der thermochemischen Oberflächenbehandlungen von Stählen (z.B. Borieren) hervorzuheben. Im Speziellen zu erwähnen sind auch die Einführung bislang unbekannter Messverfahren wie der Raster-Mikroskopie und der Elektronenstrahl-Analyse. Prof. Schaaber initiierte und leitete mehrere Jahre den internationalen Verband für Wärmebehandlung. Er wurde von der 15. Ordentlichen Mitgliederversammlung der AiF am 15. November 1968 in Bad Godesberg als Ersatzmitglied zunächst für ein Jahr in das Präsidium der AiF gewählt und gehörte diesem Präsidium dann von 1968 bis 1978 an. Am 7. Januar 1969 wählte ihn das Präsidium aus seiner Mitte zu einem der beiden Vizepräsidenten der AiF. Dieses Ehrenamt hatte er bis zu seinem Ausscheiden aus dem Präsidium inne, somit neun Jahre lang von 1969 bis 1978. Laut der Ergebnisniederschrift der 25. Ordentlichen Mitgliederversammlung der AiF am 9. Juni 1978 in Köln kandidierte er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr für eine Wiederwahl. Prof. Schaaber war außerdem von 1972 bis 1975 Sprecher eines Arbeitskreises der eigenen Institute der Forschungsvereinigungen der AiF ("Otto von Guericke-Institute").

Darüber hinaus bemühte er sich intensiv um die Förderung von Forschungsarbeiten, wofür ihm u.a. die Ehrenmitgliedschaft der ehemals Deutschen Gesellschaft für Metallkunde – heute Deutsche Gesellschaft für Materialkunde (DFM) – und der Association Technique du Traitement Thermique (ATTT) verliehen wurde. Zahlreiche Veröffentlichungen im In- und Ausland bezeugten seine umfangreichen wissenschaftlichen Tätigkeiten, für die er persönlich mit zahlreichen internationalen Auszeichnungen geehrt wurde, aber auch das noch junge Institut bald Weltgeltung erhielt. Bis zu seinem Tode war Prof. Schaaber zudem Mitherausgeber der noch heute erscheinenden Härtereitechnischen Mitteilungen (HTM), deren Form und Niveau er entscheidend mitprägte.

Prof. Dr.-Ing. habil. Peter Mayr (1981-2004)

Am 1. August 1981 übernahm Prof. Dr.-Ing. habil. Peter Mayr die Leitung des Instituts für Härterei­Technik (IHT) in Bremen-Lesum als Nachfolger von Prof. Otto Schaaber und übte dieses Amt bis 2004 – weit über 20 Jahre – mit größtem persönlichem Engagement aus.

Nach seinem Physikstudium an der TH Stuttgart ging Prof. Mayr mit seinem Doktorvater, Prof. Eckard Macherauch, nach Karlsruhe und promovierte 1969 auf dem Gebiet des Schwingfestigkeitsverhaltens von metallischen Werkstoffen, 1979 erlangte er die venia legendi für das Fach Werkstoffkunde.

In seiner Zeit am IHT legte Prof. Mayr die Grundlagen für das heutige IWT, indem er das ehemalige Institut für Härterei-Technik reformierte, mit großem Pioniergeist weiterentwickelte, fachspezifische Abteilungen in der Werkstofftechnik einführte und zu seiner jetzigen Größe und Bedeutung verhalf. Gleichzeitig erhielt er 1981 das neu eingerichtete Fachgebiet Werkstoffkunde im Fachbereich Produktionstechnik an der Universität Bremen. Ihm war es dabei ein besonderes Anliegen, Grundlagen mechanismenbasiert zu vermitteln, um so das Verständnis der Werkstoffreaktionen im Fertigungsprozess und im Einsatz zu stärken und einen sinnvollen Einsatz zu ermöglichen. Im Jahr 1993 war er der erste ingenieurwissenschaftliche Preisträger des Berninghausen-Preises, der für ausgezeichnete Lehre und Innovation an der Universität Bremen vergeben wird.

In seiner Amtszeit erfolgten prägende Meilensteine, wie der Umbau der Stiftung Institut für Härterei-Technik zur Stiftung Institut für Werkstofftechnik (IWT) und die damit verbundene Aufstellung der interdisziplinären Struktur des Instituts, welche die drei Disziplinen Werkstoff-, Verfahrens- und Fertigungstechnik in sich vereint, der Umzug auf den Campus der Universität Bremen, die Angliederung der MPA sowie die Initiierung des Sonderforschungsbereichs 570 "Distortion Engineering - Verzugsbeherrschung in der Fertigung" im Jahr 2000. Der SFB 570 war der fünfte SFB der Universität Bremen und der zweite, der vom IWT initiiert wurde.

Ein Schwerpunkt der Forschungstätigkeiten innerhalb der Hauptabteilung Werkstofftechnik blieb die Wärmebehandlung. Hier gelang es, Einrichtungen aufzubauen, die es erlauben, Forschungs- und Entwicklungsarbeiten auf nahezu dem gesamten Gebiet der Wärmebehandlung durchzuführen. Das damit eng verknüpfte Gebiet der Oberflächentechnik wurde in dieser Zeit auf- und ausgebaut, sodass hier Randschichtbereiche vom Nano- bis zum Millimeterbereich beeinflusst werden konnten. Entsprechend der früheren Arbeitsrichtung von Prof. Mayr entstand darüber hinaus die Abteilung Strukturmechanik, die sich mit der Erfassung und der Vorhersage der Zusammenhänge zwischen Fertigung und mechanischen Eigenschaften sowie der Zuverlässigkeit von Bauteilen beschäftigt. Für eine schlagkräftige Analytik werkstofftechnischer Arbeiten gelang es zudem, die Metallographische Analytik und die Physikalische Analytik aufzubauen, die bis heute in ihrer Struktur bestehen und sich dabei inhaltlich kontinuierlich weiterentwickeln. Auch das Aufgabengebiet der MPA, dessen Leiter Prof. Mayr von 1986 an war, erweiterte er um die Prüfung metallischer Werkstoffe. Zudem wurden die neuen Arbeitsrichtungen der Analytischen Baustoffmikroskopie sowie der Mikrobiologie aufgebaut.

Mit bewundernswertem persönlichem Einsatz übernahm Prof. Mayr darüber hinaus Aufgaben in der Gemeinschaftsforschung, überzeugt von ihrer Notwendigkeit und von ihrem Vorteil für die wissenschaftliche Gemeinschaft: als Gutachter der AiF, der AVIF, der bayrischen Forschungsstiftung sowie der DFG, im Wissenschaftlichen Rat der AiF und nicht zuletzt als Obmann der Fachausschüsse der AWT, der unverzichtbaren Basis für die industrielle Gemeinschaftsforschung in der AWT. Der Bundespräsident berief ihn als ausgewiesenen Kenner der deutschen Forschungslandschaft 1997 in den Wissenschaftsrat und bestätigte die Berufung 2000 für eine zweite Amtsperiode.

Prof. Dr.-Ing. Hans-Werner Zoch (2004-2020)

Zum 1. April 2004 trat Prof. Dr.-Ing. Hans-Werner Zoch sein Amt als Geschäftsführender Direktor der Stiftung Institut für Werkstofftechnik (IWT), als Leiter der Hauptabteilung Werkstofftechnik am IWT, als Leiter der Amtlichen Materialprüfungsanstalt des Landes Bremen und als Professor für Werkstofftechnik/Metalle im Fachbereich Produktionstechnik der Universität Bremen an.

Prof. Zoch studierte von 1974 bis 1979 Allgemeinen Maschinenbau an der Technischen Hochschule Darmstadt. Anschließend war er seit 1980 bei der FAG Kugelfischer Georg Schäfer AG Schweinfurt tätig, ab 1993 als Leiter der Konzernforschung und -entwicklung. In dieser Zeit promovierte er 1994 als externer Doktorand an der Universität Bremen bei Prof. Mayr mit einer Arbeit über den Einfluss der Erstarrungsgeometrie von Strangguss auf das Verzugsverhalten ringförmiger Bauteile aus dem Wälzlagerstahl 100Cr6. Von 2000 bis 2004 war Prof. Zoch Geschäftsführer der Neue Materialien Bayreuth GmbH, einem Forschungs- und Entwicklungsunternehmen des Freistaates Bayern.

Nach Antritt seines Amtes am IWT übernahm Prof. Zoch aufgrund seiner Expertise die Sprecherfunktion des Sonderforschungsbereichs 570 „Distortion Engineering“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft an der Universität Bremen und leitete diesen interdisziplinären Sonderforschungsbereich, der die Ursachen und Kompensationsmöglichkeiten des Wärmebehandlungsverzugs entlang der gesamten Prozesskette metallischer Bauteile erforschte, erfolgreich bis zu dessen Abschluss im Jahr 2011. Seine weiteren Forschungsschwerpunkte lagen in der Stahlherstellung sowie in der Wärmebehandlung, Eigenspannungsbeeinflussung und im Ermüdungsverhalten hochfester Stähle.

Bereits seit 1991 im Rahmen seiner Industrietätigkeit war Prof. Zoch Mitglied im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Wärmebehandlung und Werkstofftechnik e.V. (AWT), davon 2001 bis 2004 im Geschäftsführenden Vorstand und hat in dieser Zeit die AWT maßgeblich geprägt. Von 2004 bis 2020 brachte er zusätzlich seine Expertise in den Wissenschaftlichen Beirat der AWT ein. Die anwendungsorientierte Forschung im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ e.V. (AiF) war Prof. Zoch immer ein besonderes Anliegen. Sein Engagement führte ihn seit 2005 in verschiedene Leitungsfunktionen der AiF, seit 2016 in den Gesamtvorstand der AiF. Auch die internationale Zusammenarbeit hat Prof. Zoch maßgeblich gefördert. So war er von 2010 bis 2011 Präsident der International Federation for Heat Treatment and Surface Engineering (IFHTSE) und organisierte in dieser Funktion mehrere internationale Konferenzen.

Prof. Zoch hat maßgeblich die Initiierung und Gestaltung des gesamten Prozesses der Aufnahme des IWT in die Leibniz-Gemeinschaft in Zusammenarbeit der drei Hauptabteilungen Werkstofftechnik (WT), Fertigungstechnik (FT) und Verfahrenstechnik (VT) und später auch der MPA vorangetrieben.

Von l. nach r.: Prof. Lutz Mädler; Prof. Hans-Werner Zoch; Prof. Ekkard Brinksmeier

Prof. Dr.-Ing. habil. Rainer Fechte-Heinen (seit 2020)

Am 1. Juni 2020 übernahm Prof. Dr.-Ing. habil. Rainer Fechte-Heinen das Amt als neuer Vorsitzender des Direktoriums und Leiter der Hauptabteilung Werkstofftechnik des Leibniz-IWT, die Leitung der MPA Bremen sowie die Professur für Werkstofftechnik/Metalle an der Universität Bremen. Er trat somit die direkte Nachfolge von Prof. Zoch an.

Die Karriere von Prof. Fechte-Heinen begann mit seinem Maschinenbaustudium mit den Schwerpunkten Werkstoffsimulation und Mechanik an der Ruhr-Universität Bochum von 2000 bis 2004 und der anschließenden Promotion ebenfalls an der Ruhr-Universität Bochum von 2005 bis 2007. Nach erfolgreichem Abschluss nahm er seine langjährige Tätigkeit in der Werkstoffentwicklung bei der thyssenkrupp Steel Europe AG auf, zuletzt als Leiter Produktentwicklung: Technologie und Innovation. Parallel arbeitete er 2014 an seiner Habilitation und engagierte sich in der Lehre. 2018 wurde er zum Honorarprofessor an der Ruhr-Universität Bochum ernannt.