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Die Analytische Baustoffmikroskopie ist 1989 in der MPA Bremen als Forschungsgruppe eingerichtet worden und hat die Aufgabe übernommen, Schädigungsprozesse an den verschiedensten denkmalrelevanten Baustoffen zu untersuchen. Durch materialkundliche Analysen an einer Vielzahl nationaler und internationaler Denkmalobjekte sowie durch die Mitarbeit in zahlreichen Forschungsprojekten verfügt die MPA Bremen über große Erfahrung auf diesem Tätigkeitsgebiet. Im Vordergrund stehen die Schadensanalytik mit petrographischen Bestimmungsmethoden, Phasen- und Gefügebeschreibungen aber auch komplexe Begutachtungen bezüglich einer sinnvollen Sanierung (einschließlich Feuchte- und Salzanalysen, Ermittlung von Materialkennwerten). Die erarbeiteten Erkenntnisse werden von Auftraggebern aus den Bereichen Bauwerkserhaltung / Denkmalpflege / Konservierungswissenschaften genutzt.

Liste der beendeten Forschungsprojekte und Publikationen

Als weiterer Schwerpunkt wird die mikroskopische Beurteilung von Schadensfällen mit gutachterlicher Tätigkeit auf dem Gebiet der aktuellen Baustofftechnik durchgeführt. Dabei werden chemische, physikalische und biologische Einflüsse auf Bau- und Werkstoffe untersucht und visualisiert. Insbesondere die Möglichkeiten der elektronenmikroskopischen Untersuchungen unter Einsatz der Kryo-Technik erweisen sich als äußerst hilfreich z.B. bei der Beurteilung von Abbinde- und Erstarrungsprozessen im Beton.

Auch für den Themenkomplex des Baustoffrecyclings hat die mikroskopische Forschung heute große Bedeutung, wobei sich die enge Zusammenarbeit mit der an der MPA Bremen angesiedelten Forschungsvereinigung "Recycling und Wertstoffverwertung im Bauwesen e. V." als besonders vorteilhaft auswirkt. Zurzeit sind mehrere Vorhaben in der Bearbeitung.

Als weitere Serviceleistungen werden Asbestuntersuchungen sowie Identifikationen anderer faserförmiger Schadstoffe in Baumaterialien angeboten.

Arbeitsgebiete im Überblick

  • Materialidentifizierung / Zustandsanalyse und Schadensmechanismen / Erhaltungsmöglichkeiten (Konservierungsforschung)
    Putze / Mörtel / Stuck
    Ziegel und Terrakotta
    Naturstein
    Wandmalerei
    Glas und Glasuren
  • Untersuchung und Visualisierung chemischer, physikalischer und biologischer Einflüsse auf Bau- und Werkstoffe
  • Phasen- und Gefügeanalysen / Petrographie / Betonographie
  • Schadenaufklärung und gutachterliche Tätigkeit
  • Asbestuntersuchungen / Analyse faserförmiger Schadstoffe

Projekte

Umgang mit Althydrophobierungen: Modellhafte Konservierung von Objekten aus durch Althydrophobierung geschädigtem Baumberger Kalksandstein sowie Entwicklung eines praxisorientierten Leitfasens

Westfalen hat einen reichen Denkmalbestand an Objekten aus Baumberger Kalksandstein. Dieser sehr feine und homogene Naturwerkstein ist häufig für bildhauerische Arbeiten aber auch als Bauwerkstein verwendet worden. Da der Kalkstein starke Verwitterungsphänomene zeigt, wurden schon zu früheren Zeiten Maßnahmen zum Schutz der steinernen Werke vorgenommen. So wurden in den 50-80er Jahren in Westfalen an Skulpturen und Werksteinen fast flächendeckend Hydrophobierungen durchgeführt. Entgegen der ursprünglich Intention des besonderen Schutzes, hat dies  häufig zu Folgeschäden geführt. Das Gestein stellt schon seit jeher eine Herausforderung für Restauratoren und Denkmalpfleger dar. Bisher wurden verschiedene Maßnahmen und Methoden zur Restaurierung durchgeführt und immer wieder kann festgestellt werden, dass dieses besondere Gestein besondere Aufmerksamkeit und Pflege braucht.

Das Projekt hat es sich zum Ziel gemacht, auf der Grundlage der Evaluierung früherer Maßnahmen nachhaltige Konzepte zum Erhalt diese Denkmäler zu entwickeln. Dazu gehören die  Klärung der materialkundlichen Zusammenhänge sowie die Entwicklung eines neuartigen modularen Leitfadens für die Restaurierung und den langfristigen Erhalt der betroffenen Objekte.

Hydrophobierungen haben zum Ziel, durch Beregnung und Spritzwasser in den porösen Naturstein eindringendes Wasser als Schadensfaktor zu reduzieren. Dass das verfolgte Ziel meist nicht erreicht wurde, lässt sich heute leider an vielen stark geschädigten Naturstein-Objekten ablesen. Es zeigen sich massive substantielle Schäden durch Entfestigung, Schuppen- und Schalenbildung, die mit einem fortschreitenden Materialverlust einhergehen. Besonders problematisch wird die Situation in Westfalen an den Denkmälern aus Baumberger Kalksandstein gesehen, die von fortschreitendem Zerfall bedroht sind. Es wurde in der Vergangenheit erfolglos versucht, einer vermeintlich unzureichenden Verwitterungsbeständigkeit, die den spezifischen Gesteinseigenschaften zugeschrieben wurde (Modalbestand, Bindungsverhältnisse, Porosität etc.) mit einer wasserabweisenden Imprägnierung zu begegnen.

Schadensdetektion – MODUL ERKENNEN

Im Rahmen des Projektes werden an ausgewählten Objekten in Westfalen die typischen Schadensphänomene an Baumberger Kalksandstein aufgenommen. An den Bauwerken und im Labor erfolgen restauratorische, naturwissenschaftliche und materialtechnische Untersuchungen und Entwicklungen zur Erfassung der Schäden unter besonderer Berücksichtigung ggf. erfolgter früherer Hydrobhobierungen. Verglichen werden die Materialkennwerte der Proben von den Objekten mit denen von bruchfrischem Baumberger Kalksandstein aus in Betrieb befindlichen Steinbrüchen der Region. Die Ergebnisse sollen zur Klärung der Schadensprozesse herangezogen werden. Darüber hinaus erfolgt eine Erfassung und Evaluation von bisherigen Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen an Denkmälern aus durch Althydrophobierungen geschädigtem Baumberger Kalksandstein. Im Rahmen dieser Schadensdetektion ist geplant, ein Untersuchungsprogramm zur Schadensdefinition und zur Zustandsanalyse für einen Leitfaden zu entwickeln.

Verfahrensentwicklung – MODUL HANDELN

In einem zweiten Schritt sollen Materialien und Methoden zur Konservierung und Restaurierung von durch Althydrophobierungen geschädigten Objekten aus Baumberger Kalksandstein konzipiert und entwickelt werden. Hierbei sollen sowohl methodisch, als auch materialtechnisch aufeinander aufbauende und sich verschränkende Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen im Sinne eines Baukastensystems ausgearbeitet werden (wie beispielsweise Reinigung, Festigung, Klebung, Hohlraumverfüllung, Antragung, Schlämmauftrag, etc.). Die Entwicklungen der Materialien und Methoden zu Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen erfolgen in einer vorgeschalteten Applikation und Ermittlung von Material­kennwerten. Dies geschieht anhand von Einzel- und Verbundkörperproben im Labor, bevor die entwickelten Maßnahmen an ausgewählten Objekten in Westfalen und Niedersachsen als Musterrestaurierung ausgeführt werden.

Wartung und Monitoring – MODUL PFLEGEN

Im dritten Schritt des Vorhabens soll anhand der ausgewählten und untersuchten Objekte in Westfalen ein spezifisches Monitoring-Programm aufbauend auf dem vorgefundenen Objektzustand und die durchgeführten Maßnahmen entwickelt werden. Dieses soll auch zur weiter­führenden Evaluierung der Maßnahme an den Musterflächen herangezogen werden.

Förderer: Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)
Bearbeitung: IWT-WT-MPA-Bauwesen
Kooperationspartnerschaften:
Westfälisches Denkmalamt – Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL-DLBW) – Antragsteller
Fachhochschule Potsdam, Studiengang Konservierung/Restaurierung  
Technische Hochschule Köln, Fakultät der Kulturwissenschaften, Studienrichtung Restaurierung und Konservierung
Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen, Fakultät Bauen und Erhalten, Studienrichtung Konservierung und Restaurierung
Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege

Kontact:
Dr. rer. nat. Frank Schlütter
Telefon: +49421 53708 43
E-Mail: schluetter@mpa-bremen.de

Modellhafte Entwicklung von Monitoring- und Evaluierungsverfahren von vor mehr als 25 Jahren untersuchten und restaurierten, durch anthropogene Umwelteinflüsse geschädigten Wandgemälden

Gegenstand des Projektes sind sechs exemplarisch ausgewählte Baudenkmale mit historischen Wandmalereien, an denen ab dem Jahre 1988  im Rahmen des großen BMFT-Projektes „Forschung für den Denkmalschutz“ umfangreiche Untersuchungen mit anschließenden Konservierungen durchgeführt wurden. In den folgenden Jahrzehnten wurden diese Gemälde praktisch keiner Nachkontrolle unterzogen, so dass nicht bekannt ist, ob die damaligen Handlungsempfehlungen zum erhofften Ziel geführt haben. Für eine substanzschonende Erfolgskontrolle auf dem heutigen Stand der Kenntnisse und Technik sollen moderne analytische Verfahren ausgewählt und eingesetzt werden.

Im Zuge der damaligen Förderprogramme des BMFT konnte eine Vielzahl von Wandmalereien durch ein interdisziplinäres Forscherteam, dem sowohl erfahrene Restauratoren als auch auf dem Gebiet tätige Naturwissenschaftler aus den Bereichen Bauphysik, Baustoffmikroskopie, Chemie, Mineralogie und Mikrobiologie und auch Kunsthistoriker angehörten, untersucht werden.

Die seinerzeit erkannten Schäden lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Direkte Feuchteschäden verschiedenen Ursprungs (aufsteigende Feuchte, ungeregelte Wasserläufe und Wassereintritt durch Schadstellen in der Gebäudehülle, Kondensation durch Kältebrücken und Klimastau)
  • Salzschäden (im Klimawechsel periodische Kristallisation und wieder in Lösung gehen unter und auf der Malereioberfläche und einhergehender Schädigung, Salzausblühungen) einschließlich bauschädlicher Salze aus ungeeigneten Sanierungsmaterialien oder Umgebungsbelastungen.
  • Mineralische Festigungsmittel (z.B. Kaliwasserglas), die eine Salzbelastung in Malschicht und Träger einbringen.
  • Organische Festigungsmaterialien (natürliche wie auch synthetische Materialien), die im Klimaverlauf zu Spannungen neigen und ebenfalls zu Ablösung u. a. der Malschicht führen aber auch Substratwirkung für Mikroorganismen besitzen
  • Mikrobiologische Besiedlung (Schimmel, Bakterien, Algen)

Von allen Objekten liegen umfangreiche Untersuchungsergebnisse vor, die in den Archiven der damaligen koordinierenden Stellen und/oder der beteiligten Forschungsinstitute und -laboratorien noch vorhanden sind. Eine Gesamtzusammenstellung oder gar umfassende Ergebnisübersicht liegt aber nicht vor.

Für die untersuchten Objekte mit durchaus unterschiedlichen Schadensbildern mündeten die Ergebnisse in konkreten Handlungsempfehlungen, z.B. Raumklimatisierung, Salzminderungen, strukturelle Festigung.
Nicht in allen Fällen ist bekannt, ob und wann diese Empfehlungen restauratorisch umgesetzt wurden und ob sie zum erhofften Ziel geführt haben. Von den damals Koordinierenden und restauratorisch Verantwortlichen sowie den beteiligten Forschungsinstituten sind heute noch einige verfügbar, so dass eine  Bewertung und Untersuchung dieser Objekte nach 25-30 Jahren Erkenntnisse zum weiteren Umgang liefern wird.

Die Aufarbeitung wird mit Schwerpunkt auf folgende Fragestellungen durchgeführt:

  • Welche Untersuchungen wurden damals durchgeführt und kamen zu welchen Ergebnissen?
  • Welche Handlungsempfehlungen und Konservierungskonzepte wurden damals vorgeschlagen?
  • Welche Maßnahmen wurden umgesetzt?
  •  Haben die vorgeschlagenen Konzepte zum Erfolg geführt?

Mit solchen Reflektierungen können die damaligen Forschungsprojekte und -ergebnisse evaluiert und wichtige Erkenntnisse über die Nachhaltigkeit der vorgeschlagenen Sanierungskonzepte erbracht werden. In einigen Fällen besteht darüber hinaus die Möglichkeit, mit mittlerweile etablierten neuen Untersuchungsmethoden, die damals noch nicht zur Verfügung standen, ergänzende oder erweiterte Ergebnisse zu erzielen.

Z.B. können heute mit den inzwischen bekannten thermodynamischen Gleichgewichtszuständen von Salzgemischen (anstatt der Einzelsalze) Nachberechnungen der Ausgleichsfeuchten erstellt und mit den aktuellen raumklimatischen Zuständen verglichen werden. Damit können auch inzwischen evtl. veränderte Nutzungsbedingungen und damit einhergehend auch die Heizungskonzepte sowohl anlagentechnisch als auch im Hinblick auf die zur Steuerung festgelegten Klimaparameter bewertet werden. Gleiches gilt für die Auswirkungen von Dämmmaßnahmen und den Austausch von Fenstern und Türen.  Hiervon sind erhebliche Einflüsse auf bestimmte Schadensverläufe zu erwarten. Auch teilweise erfolgte bauliche Instandsetzungen am Außenmauerwerk und den Fundamenten können in ihren Auswirkungen beurteilt werden.

Für die Diagnostik der mikrobiellen Besiedlung bieten sich Aktivitätsmessungen über den Energiegehalt der Besiedlung aber auch zur Photosyntheseaktivität von Algen- und Cyanobakterienbelägen sowie Tageslicht und UV Aufnahmen zur Ausbreitung besonders von Schimmelbefall an, die soweit möglich mit digitaler Bildbearbeitung quantifiziert werden sollen. Ergänzende Laboruntersuchungen zur mikrobiellen Aktivität unter den in den jeweiligen Objekten herrschenden/zu realisierenden Klimabedingungen sollen an ausgewählten Isolaten durchgeführt werden.

Alle Untersuchungen in den Objekt sollen so weit wie möglich standardisiert und so ausgearbeitet werden, dass auch entsprechend geschulte Restauratoren das Monitoring ausführen können.

Förderer: Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)
Bearbeitung: IWT-WT-MPA-Bauwesen
Kooperationspartnerschaften:
Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen, Fakultät Bauen und Erhalten, Studienrichtung Konservierung und Restaurierung – Antragsteller
Universität Hamburg, Institut für Anorganische und Analytische Chemie
Ingenieurbüro Dr. Helmut Berling, Braunschweig

Kontact:
Dr. rer. nat. Frank Schlütter
Telefon: +49421 53708 43
E-Mail: schluetter@mpa-bremen.de