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SPP 1713: Stark gekoppelte thermo-chemische und thermo-mechanische Zustände in Angewandten Materialien

Die Zielsetzung des Gesamtprogramms ist ein neues Paradigma der physikalisch basierten Materialmodellierung zu etablieren, das den Einfluss der Prozesshistorie und der externen chemisch-mechanischen Belastung integriert und zur Optimierung der Produktion, der Eigenschaften und der Lebensdauer von angewandten Materialien für eine nachhaltige Wirtschaft anwendbar ist. Dies soll an zwei technologisch wichtigen Materialklassen demonstriert werde, Metalle und Polymere. Auch eine wechselseitige Befruchtung der unterschiedlichen Herangehensweise und eingesetzter Materialmodelle ist angestrebt.

Einzelne Teilziele übergreifender Natur sind:

  • die Überlegenheit und das technologische Potenzial der gekoppelten thermo-chemischen und thermo-mechanischen Modellierung für metallische und polymere Schlüsselwerkstoffe aufzuzeigen.
  • physikalisch basierte Materialmodelle mit vollständiger Kopplung zwischen Chemie und Mechanik unter Berücksichtigung der Prozesshistorie zu entwickeln.
  • umfassende Berechnungswerkzeuge zu entwickeln, indem die Kompetenzen verschiedener Gemeinschaften zusammengeführt werden: Materialien, Thermodynamik, Mechanik, Metalle und Polymere.
  • Experimentatoren und Entwickler von Simulationssoftware zu integrieren, um die besten Daten mit den besten Modellen und den besten numerischen Techniken zu kombinieren.
  • die wissenschaftlichen Gemeinschaften aus der rechnergestützten Thermodynamik, der Kontinuumsmechanik und den Materialwissenschaften zusammenzubringen.

TP M4: Modellierung der bainitischen Umwandlung beim Presshärten

Im Projekt M4, das vom IWT in Zusammenarbeit mit der RWTH Aachen und dem FZ Jülich bearbeitet wurde, wurde die chemo-mechanische Kopplung beim bainitischen Presshärten auf allen relevanten Längenskalen sowohl experimentell als auch theoretisch und durch Simulationen untersucht. Spezifische Teilziele im Projektverlauf waren hierbei:

  • Untersuchung des Wechselspiels zwischen plastischer Deformation, externer Spannungen, Grenzflächenkinetik, Ausscheidungsbildung und deren Einfluss auf die Bainitumwandlung
  • Verknüpfung der Beschreibungen auf mikroskopischen, mesoskopischen und makroskopischen Skalen sowie deren Interpretation vom Standpunkt einer konsistenten thermodynamischen Beschreibung.

Die quantitative Beschreibung der Mikrostrukturentwicklung beim bainitischen Presshärten erfordert die Entwicklung neuartiger Modellierungstechniken, um das Zusammenspiel von Phasenumwandlungskinetik und Thermodynamik, elastischen und plastischen Verformungen sowie chemischen Effekten in den relevanten Legierungen korrekt zu erfassen. Sie liefern eine Grundlage für das Verständnis der Phasenumwandlungskinetik unter vollständiger Berücksichtigung der thermo-chemo-mechanischen Kopplung auf allen Längenskalen. Zentrale Ergebnisse sind dabei:

  1. Ab initio Methoden können auf der niedrigsten Skala zur parameterfreien Vorhersage elastischer Parameter mit einer Ausdehnung auf große Verformungen verwendet werden. Der skalenüberbrückende Vergleich mit klassischer Dichtefunktionaltheorie und Phasenfeldkristallmethoden ermöglicht ein grundlegendes Verständnis und eine quantitative analytische Beschreibung von Spannungs-Dehnungs-Beziehungen, die als Grundlage für die höherskalige Modellierung der Mikrostrukturentwicklungsmodellierung dienen kann.
  2. Die eingehenden Analysen von EBSD gemessenen Gefügedaten zur Kristallographie der bainitischen Umwandlung erlauben es, mathematische Beschreibungen der Umwandlungsplastizität als Ergebnis der Orientierungsvariantenselektion durch angelegte Spannungen zu extrahieren. Darüber hinaus wurden die Mechanismen der Variantenselektion, die für die Formulierung mesoskopischer Beschreibungen zentral sind, bestimmt.
  3. Die Nähe zu Grenzflächen, z. B. Ferrit-Austenit-Grenzflächen oder Korngrenzen, kann über eine elastische Wechselwirkung die lokale Thermodynamik der Karbidausscheidung beeinflussen. Wir haben gezeigt, wie diese Skalenüberbrückungseffekte effektiv formuliert werden können, um die Gleichgewichtseigenschaften und die Ausscheidungskinetik von Karbiden in der Nähe von Oberflächen und Grenzflächen unter dem Einfluss äußerer und innerer Spannungen zu nutzen.
  4. Thermodynamisch konsistente Phasenfeldbeschreibungen unter Verwendung nichtdiagonaler Wechselwirkungen erlauben es, die Beschreibungen auch im Bereich endlicher Diffusionskontraste in den Phasen quantitativ und konsistent mit scharfen Grenzflächenmodellen zu verknüpfen.

Website des SPP 1713 hier.

Das Schwerpunktprogramm ist zum 31.08.2020 ausgelaufen. Bei Fragen zur Forschung des SPPs wenden Sie sich gern an den hier genannten Kontakt.